Google+ Julias Buchblog: Sabine Weiß - Hansetochter

Donnerstag, 6. März 2014

Sabine Weiß - Hansetochter

Hansetochter
Sabine Weiß
ISBN 9783404168873


Lübeck 1375: die junge Henrike führt ein glückliches Leben als Tochter eines angesehenen Kaufmanns. Für den Besuch des Kaisers in ihrer Stadt verwöhnt ihr Vater sie mit neuen Kleidern und reichem Schmuck, auf dem Fest genießt sie die leckeren Speisen und tanzt mit gutaussehenden jungen Kaufleuten, von denen bereits einer als ihr künftiger Bräutigam bestimmt ist. Doch statt einer Hochzeit erwartet sie ein Drama: ihr Vater stirbt noch in der folgenden Nacht überraschend. Ausgerechnet ihr verhasster Onkel wird zum Vormund über Henrike und ihren kleinen Bruder Simon eingesetzt. Dessen missgünstige Familie macht ihnen das Leben schwer, zudem ist der Onkel offenbar in allerlei dubiose Geschäfte verstrickt, so dass die beiden Waisen um das väterliche Erbe fürchten müssen. Als immer mehr Ungereimtheiten zum Tode des Vaters auftauchen, nimmt Henrike ihr Schicksal selbst in die Hand...

Endlich mal wieder ein historischer Roman, bei dem ich aus historischer Sicht fast nichts zu bemängeln habe. Das Leben in Lübeck und die Welt der Hanse-Kaufleute sind sehr gut recherchiert und lebendig geschildert und gerade die alltägliche Kleinigkeiten wirken stimmig. Etwas mehr Probleme hatte ich mit dem Aufbau der Geschichte. Die Autorin neigt manchmal dazu, sich in Einzelheiten zu verlieren, was die Geschichte vor allem zu Beginn etwas langatmig wirken lässt. Auch wird der Spannungsbogen durch den regelmäßigen Perspektivenwechsel nicht verstärkt, sondern hat immer wieder kleinere Durchhänger. Die Figuren waren mir zudem zu schematisch gezeichnet: die Lieben sind manchmal etwas einfältig, aber ansonsten tapfer, hilfreich und gut, die Bösen sind durchgehend hinterhältig, verschlagen und brutal. Einzig die Hauptfigur Henrike ist etwas plastischer geraten, aber auch da wären neben ihrer Naivität und ihrer Sturheit etwas mehr Ecken und Kanten wünschenswert gewesen. Gut gefallen hat mir aber, wie plausibel für die damalige Zeit Henrike handelt. Klar muss sie eine starke Frauenfigur mit Mut und eigenem Willen sein, sonst funktioniert die Geschichte nicht, aber oft denken und handeln Protagonistinnen in historischen Romanen viel zu unabhängig und modern. Henrike dagegen ist keine emanzipierte Heldin im heutigen Sinn, sondern befindet sich ständig im Zwiespalt zwischen Benimmregeln und Erziehung einerseits und der Notwendigkeit zu handeln andererseits. Auch dass die obligate Liebesgeschichte nur am Rande vorkam, statt den Hauptteil der Geschichte zu beanspruchen, hebt das Buch wohltuend aus der Masse der Romane heraus, bei denen der historische Schauplatz oft nur Kulisse für eine schnulzige Romanze ist.

Fazit: ein sehr solider historischer Roman aus der Blütezeit der Hanse.

Herzlichen Dank an Blogg dein Buch und Bastei Lübbe für das Rezensionsexemplar!

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