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Freitag, 4. Dezember 2015

Rachel Joyce - Das Geheimnis der Queenie Hennessy

Das Geheimnis der Queenie Hennessy: der nie abgeschickte Brief an Harold Fry
Rachel Joyce
ISBN 9783596030699


Die todkranke Queenie hört im Hospiz in Berwick, dass Harold Fry sich zu Fuß auf den Weg gemacht hat, um sie zu sehen. Diese Folge ihres kurzen Abschiedsbriefs hat Queenie nicht erwartet und bringt sie in eine echte Zwickmühle. Denn einerseits kann sie nicht einfach auf Harold warten, denn sie weiß ja nicht, wie viel Zeit ihr noch bleibt, und der Weg von Cornwall aus nach Berwick im obersten Norden von England ist weit, sehr weit. Andererseits kann sie Harold auch nicht einfach so gegenübertreten, selbst wenn er noch rechtzeitig ankommt - zu viel ist in der Vergangenheit passiert. Also beschließt sie, ihm einen Brief zu schreiben...

Nach dem großen Erfolg der unwahrscheinlichen Pilgerreise des Harold Fry musste offenbar ein Nachfolgeband her, der die Geschichte nun aus Queenies Sicht schilderte. Leider ist es Rachel Joyce nicht gelungen, an die Faszination des ersten Bandes anzuknüpfen, was hauptsächlich an der Protagonistin liegt. Queenie mit ihrer eigenartigen Mischung aus Egoismus und Passivität wurde mir von Seite zu Seite unsympathischer. Ihr Leben lang hat sie bei Schwierigkeiten erst so lange den Kopf in den Sand gesteckt, bis die Situation wirklich akut wurde, und dann ist sie vor den Problemen davongelaufen, um nachher in Selbstmitleid zu baden. Dass sie nun kurz vor dem Tod mit diesem Brief ihr Verhältnis zu Harold endlich klären will, ist zwar löblich, wird ihr aber durch die Umstände quasi aufgezwungen und ist deshalb als Charakterentwicklung für den Leser nicht annähernd so spannend wie Harolds graduelle Wandlung während seiner Reise. 
Der Hospiz-Alltag wird sehr anrührend und mit einer guten Portion Galgenhumor geschildert. Wie die Bewohner ganz unterschiedlich mit dem kommenden Ende umgehen und wie sie sich dann Stück für Stück von der allgemeinen Begeisterung und Berichtserstattung um Harolds Reise anstecken lassen, ist großartig beschrieben. Aber die Rückblenden in die Vergangenheit wurden immer mühsamer zu lesen. Das Drama um Harolds Sohn David fand ich ja schon in der „Pilgerreise“ übertrieben, weil es krampfhaft versuchte, Spannung aufzubauen, die eigentlich unnötig war. Dass diese Geschichte nun nochmals um mehrere Facetten ausgebaut wurde, war für meinen Geschmack eindeutig zu viel des Guten, denn auch diesmal war ich nach der künstlich geschürten Erwartung ziemlich enttäuscht über die unspektakuläre tatsächliche Sachlage. Zudem schien mir die ganze David-Problematik so konstruiert und auch so überflüssig, denn Queenies Beziehung zu Harold hätte auch ohne diesen erschwerenden Faktor genügend Stoff für die Geschichte geboten. Alles in allem ein Buch, das wenig Neues gebracht hat und Queenie als Figur deutlich unsympathischer werden ließ, als ich sie aus dem ersten Band in Erinnerung hatte.

Fazit: „Das Geheimnis der Queenie Hennessy“ gehört definitiv zu denjenigen Nachfolgebüchern, auf die man getrost verzichten kann.

2 Kommentare:

  1. Schade, das Thema Hospiz klingt eigentlich spannend. Aber passive Charaktere finde ich auch immer nervig.

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    1. Das Hospizthema ist auch sehr gut umgesetzt, aber der Vergangenheitsteil hat mich von Seite zu Seite mehr genervt. Und leider ist das der dominierende Teil...

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