Google+ Julias Buchblog: Sarah Schill - Anständig leben

Samstag, 1. August 2015

Sarah Schill - Anständig leben

Anständig leben: Mein Selbstversuch rund um Massenkonsum, Plastikmüll und glückliche Schweine
Sarah Schill
ISBN 9783517089911


Als Sarah Schill beim Surfen auf einer Internetseite landet, auf der man seinen ökologischen Fußabdruck berechnen kann, ist sie zuerst recht zuversichtlich, schließlich sieht sie sich als relativ bewusste Konsumentin. Das Ergebnis erschreckt sie dann aber ziemlich: sie lebt auf deutlich zu großem Fuß, und obwohl sie kein Auto besitzt, liegt sie trotzdem liegt über dem deutschen Durchschnitt. Verdrängen wäre die bequemste Art, mit diesem Resultat umzugehen, aber Sarah beschließt, dass sich etwas ändern muss. Und da dies am einfachsten und effektivsten geht, indem man seine Ernährung umstellt, entscheidet sie sich dazu, den nächsten Monat auf tierische Produkte zu verzichten. Gar nicht so einfach, aber dabei soll es auch nicht bleiben...

Die ersten beiden Teile des Selbstversuchs (vegan essen und plastikfrei leben) sind schon durch den jeweiligen Titel recht klar definiert und es war spannend, Sarah Schill beim täglichen Kampf mit alten Gewohnheiten, dem inneren Schweinehund und widrigen Umständen zu begleiten. Der dritte Teil (aktiv werden) dagegen ist reichlich schwammig. Es beginnt damit, dass die Autorin ihr Online-Verhalten und der dazugehörige Konsum hinterfragt. Amazon, Facebook und Apple sind ihr suspekt, wegen der großen Marktmacht und Datenschutzbedenken, über Google dagegen macht sie sich offenbar keine Gedanken. Zudem bleibt alles recht vage und letztlich kneift sie dann doch, als es um die Löschung der Accounts geht. Ähnlich unspezifisch und beliebig ist ein großer Teil dieses „aktiven Monats“: die Autorin versucht sich im Mülltauchen, macht sich Gedanken zu problematischen Rohstoffen und Kleidung, begleitet einen Jäger und besucht sogar ein „humanes“ Schlachthaus. Alles ganz nett, aber der rote Faden fehlt etwas. Trotzdem ist dies einer der besten Erfahrungsberichte, die ich zum Thema gelesen habe (siehe etwa hier oder hier). Der Ton ist humorvoll und selbstironisch, aber man spürt, dass Sarah Schill ihren Selbstversuch wirklich ernst nimmt. Sie ist sehr reflektiert, sieht die Probleme und Inkonsequenzen, die sich im Spannungsfeld zwischen hehrem Ziel und Alltagstrott ergeben, bleibt aber am Ball. Dies tut sie, ohne dogmatisch oder belehrend zu wirken, so dass man sich als Leser zwar motiviert, aber nicht gedrängt fühlt, mal die eigene Komfortzone zu verlassen.

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